Dienstag, 25. August 2020

Mein Bauch gehört foodwatch

 Haribo macht Kinder nicht mehr froh. Das weiss zumindest foodwatch. Es geht um die Kooperation zwischen der Deutschen Bahn und Haribo:

„Ein Süßwarenhersteller ist angesichts der grassierenden Adipositas-Epidemie und weitverbreiteten Fehlernährung als Partner für ein Staatsunternehmen inakzeptabel“,

weiss Politikwissenschaftlerin Luise Molling von foodwatch. Denn die Deutsche Bahn als Staatskonzern habe eine Vorbildfunktion und müsse die "Ernährungsziele" aus dem Koalitionsvertrag umsetzen. Nun kann man ja seine Zweifel an der "grassierenden Adipositas Epidemie" haben (angesichts einer mindestens genauso grassierenden Magersucht-Epidemie bei jungen Menschen) und auch die "weitverbreitete Fehlernährung" (alle die keine Veganer *innen sind?) wartet noch auf Belege und Nachweise. Ob der Bahnvorstand alle Punkte des Koalitionsvertrags - auch ausserhalb des Themas Personenverkehr -  als Konzernstrategie befolgen muss, ist auch nicht gerade selbsterklärend.

Aber darum geht es unseren Moralaposteln von foodwatch gar nicht. Es geht darum zu definieren, was der Bürger noch guten Gewissens zu sich nehmen darf. Nur Nahrungsmittel, die auf der "Approved-Liste" der Lobbyorganisation foodwatch sind, dürfen von Eltern guten Gewissens an ihre Kinder verfüttert werden. Süssigkeiten gehören auf keinen Fall dazu.

Haribo ist ein Süsswarenhersteller. Seit Jahrzehnten produziert man in Bonn Gummibärchen, Gummischlangen, Lakritz und süssen Konfekt. Haribo macht auch kein Geheimnis daraus, dass man in den bunten Tüten nur Süssigkeiten findet. Der Zucker wird nicht auf langen Zutatenlisten versteckt. Die Kalorien finden sich nicht im Kleingedruckten. Nein, es sind Süssigkeiten. Sie sind dafür gedacht "Kinder und Erwachsene froh zu machen". Zum Nachtisch, zwischendurch, als Belohnung oder in der Fussballpause. Und genau das ist der Dorn im Auge der Food-Propheten. Es geht um Kontrolle, um das Vorschreiben eines moralisch einwandfreien Lebenswandels (und wenn man diesen nur auf die Kinder projeziert und sie stellvertretend quält). Die Wahlfreiheit sich selbst etwas zu gönnen, den Kindern etwas zu gönnen, ist der Feind im Weltbild der Nahrungskommissare. 

Natürlich wird die foodwatch-Funktionär*in jetzt einwenden, dass es nicht gegen "die Menschen" geht, sondern nur gegen die raffgierigen Konzerne, die uns alle manipulieren, verführen und zum Konsum reinen Gifts zwingen. Doch ein Blick auf die Website der Organisation belehrt eines besseren:

  • Keine Chips (wegen Acrylamid - seit 2002 nie wieder etwas davon gehört)
  • Keine Schulmilch (wegen Zucker)
  • Keine Viehzucht (wegen Klima)
  • Keine Lebensmittel aus Nordamerika (wegen Freihandel)
  • ...

Es geht um Verbote. Nicht um Aufklärung. Der Konsument soll keine Produkte mit "zugesetztem" Zucker erwerben können. Der Konsument soll nicht die Wahl haben, ein Steak aus Texas in die Pfanne zu hauen. Der Konsument soll eigentlich gar kein Fleisch mehr verbauchen. Und die Schokomilch in der Pause trifft auch der Bannstrahl. 

foodwatch weiss besser als Du und ich, als Mütter und Väter, als Konsumentinnen und Konsumenten, was gut und schlecht für unseren Körper, unser Land, ja unsere ganze Welt ist. Deshalb gehört unser Bauch foodwatch. 

Oder wie Foucault sagen würde: 

„So formiert sich eine Politik der Zwänge, die am Körper arbeiten, seine Elemente, seine Gesten, seine Verhaltensweisen kalkulieren und manipulieren. Der menschliche Körper geht in eine Machtmaschinerie ein, die ihn durchdringt, zergliedert und wieder zusammensetzt."