Dienstag, 21. April 2020

Ludwig Bamberger und Eugen Richter - liberale Kämpfer gegen den preussichen Obrigkeitsstaat (Rezension)

Benedikt Koehler: Ludwig Bamberger. Revolutionär und Bankier. DVA (Stuttgart), 1999
Ralph Raico: Die Partei der Freiheit: Studien zur Geschichte des deutschen                   Liberalismus. Lucius Verlag (Stuttgart), 1999.                                                                     

"Bedenke das Ende!" - auf Lateinisch "Respice finem!", so warnte Ludwig Bamberger 1884 in der Debatte um die von Bismarck eingebrachten Wohlfahrtsgesetze. In einem genialen Schachzug hatte  Reichskanzler Bismarck verschiedene Sozialversicherungsgesetze eingebracht, neben der Krankenversicherung auch Renten- und Unfallversicherung. Es ging Bismarck darum,
"die arbeitenden Klassen zu gewinnen, oder soll ich sagen zu bestechen, den Staat als soziale Einrichtung anzusehen, die ihretwegen besteht und für ihr Wohl sorgen möchte." (Otto von Bismarck)
Der eiserne Kanzler hatte erkannt, dass man die Bevölkerung mit gezielten Zuwendungen und Umverteilungsmassnahmen gefügig machen konnte. Nicht die brachiale Unterdrückung der Sozialdemokratie durch die Sozialistengesetze, sondern die Bestechung durch staatliche Almosen konnten die Arbeiterschaft für den preussich dominierten, konservativen Staat Bismarcks gewinnen.

Ludwig Bamberger

Ludwig Bamberger war einer der führenden Vertreter der Freisinnigen im Reichstag. Zusammen mit Eugen Richter war Bamberger einer der schärfsten Kritiker der staatlichen Fürsorgegesetzgebung unter Kanzler Bismarck. Mit grosser Hellsicht sagte er voraus, dass die staatliche Wohlfahrtspolitik nicht nur immer neue Ansprüche an die staatliche "Daseinsfürsorge" erzeugen würde, sondern auch die Macht der staatlichen Verwaltung über die Bürger ungemein stärken würde.  In der Retrospektive sollten Bamberger und Richter auf fast unheimliche Weise Recht behalten.

Ludwig Bamberger und Eugen Richter waren zwei inzwischen fast vergessene Liberale des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Sie kämpften für die gleiche Sache, doch ihr Lebensweg hätte nicht unterschiedlicher sein können. Auf der einen Seite Bamberger, ein Jude aus Hessen, der eine glänzende Karriere im Bankgeschäft macht, nicht zuletzt an der Gründung der Deutschen Bank und der Reichsbank entscheidend beteiligt war. In jungen Jahren war er ein Revoluzzer, dessen Aktivismus in der Revolution von 1848 ihm lange Jahre im Exil und sogar ein in Abwesenheit gesprochenes (aber nie vollstrecktes) Todesurteil einbrachten.