Mittwoch, 30. November 2016

Einwanderung und Lohndruck - Missverständnisse verzerren Diskussion

Seit gestern wird in der Schweiz wieder diskutiert, ob Einwanderung zu Lohndruck und damit Verdrängung gut verdienender einheimischer Arbeitskräfte durch zugewanderte ausländische Arbeitnehmer führt:
Das Zürcher Amt für Wirtschaft und Arbeit mutmasst derweil, dass ein Teil der Einwanderer Inländer verdrängte: «Wir gehen davon aus, dass in einigen Nicht-Mangelberufen Inländer zur Verfügung standen, die für den jeweiligen Beruf qualifiziert waren.»
Die Diskussion zeigt vor allem, dass sowohl im Zürcher Amt für Arbeit und Wirtschaft als auch in der NZZ ein  Missverständnis hinsichtlich der Lohnbildung besteht. Denn ein Arbeitnehmer verdient in einem marktwirtschaftlichen System in der Regel einen Lohn der dem Grenzertrag der Arbeit (in Output seiner Arbeit)entspricht. Vereinfacht gesagt: Ein Friseurladen wird einem Angestellten den Lohn bezahlen, den er tatsächlich erwirtschaftet (gemessen an der Zahl der Haarschnitte und deren Ertrag in Geld, abzüglich von Kosten wie Miete oder Werbung). Liegt der Lohn längere Zeit über diesem Ertrag wird der Arbeitgeber natürlich Arbeitsplätze abbauen (und zwar in der Regel die der am wenigsten produktiven Angestellten), liegt der Marktlohn jedoch unter diesem Grenzertrag wird der Arbeitgeber neue Friseure einstellen bis Lohn und Ertrag wieder ungefähr gleichauf liegen. Von der Seite der Arbeitnehmer aus betrachtet, werden diese sich eine besser bezahlte Friseurstelle suchen, wenn sie heute einen Lohn erhalten, der ihre Produktivität für den Betrieb nicht widerspiegelt.

Dieser Mechanismus sorgt also dafür, dass Arbeitnehmer mit hoher Produktivität (also in der Regel mit guter Ausbildung und viel Erfahrung, dem so genannten Humankapital) besser bezahlt werden als Arbeitnehmer mit schlechter Ausbildung und geringer Erfahrung. Kommen nun neue ausländische Arbeitnehmer in einen Arbeitsmarkt, kann es passieren, dass sie für einen geringeren Lohn eingestellt werden, was aber nur widerspiegelt dass sie eine geringere Produktivität haben.  Arbeitnehmer mit gleicher oder höherer Produktivität verdienen (zumindest nach einer gewissen Eingewöhnungszeit, bis sie lernen wie der Markt in einem Land funtkioniert) gleich hohe Löhne wie die Einheimischen. Eine Ausnahme ergibt sich nur dann, wenn der Nachfrager nach Arbeitskraft ein Monopol der Nachfrage hätte ("Monopson") und damit die Lohnhöhe künstlich unter der Produktivtät der Arbeitnehmer halten könnte. Das ist in der Schweiz praktisch nirgendwo der Fall.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass Arbeitnehmer mit geringer Produktivität (Ausbildung, Erfahrung, Sprachkenntnisse) auf neuen Arbeitsplätzen eingestellt werden - zu geringeren Löhnen. Ein Beispiel ist etwa das Reinigungsgewerbe: Hier spielen Ausbildung und Sprachfähigkeiten eine geringe Rolle. Werden hier keine künstlichen Lohnuntergrenzen eingeführt, dann schaffen Unternehmen faktisch neue Arbeitsplätze für ungelernte, niedrig produktive Arbeitskräfte (z.B. aus dem Ausland). Diese verdrängen aber dann nicht einheimische Arbeitskräfte sondern ergänzen sie. Es entsteht Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze werden geschaffen, da plötzlich Dienstleistungen angeboten werden können, die mit (produktiveren) gut verdienenden Einheimischen nicht profitabel angeboten werden konnten. Über Zeit werden diese Arbeitnehmer dann möglicherweise auch produktiver (erfahrener, eignen sich neue Qualifikationen an) und wandern in andere, besser bezahlte Jobs ab.

Lohndruck auf bestehende produktive Arbeitnehmer durch Einwanderung ist daher nicht oder nur in sehr geringem Umfang zu erwarten. Lohndruck entsteht jedoch dann, wenn die Produktivtät einer Volkswirtschaft nicht mehr wächst oder gar schrumpft. Denn dann können Arbeitnehmer nicht mehr profitabel beschäftigt werden. Es kommt zu Lohnkürzungen und Arbeitsplatzabbau. Einschränkungen bei der Einwanderung helfen da jedoch nicht.

Fragen an die Befürworter einer Finanztransaktionssteuer

Noch im Sommer dieses Jahres schien die Idee der Finanztransaktionssteuer ("FTS") endgültig beerdigt zu werden. Doch inzwischen steht sie wieder auf der Tagesordnung. Untote scheint es in der Politik immer öfter zu geben. Die Befürworter sehen darin ein Mittel gegen Finanzspekulation und zur Stabilisierung der Finanzmärkte. Obendrein könnten die eingenommenen Mittel zur "gerechteren Gestaltung der Globalisierung" eingesetzt werden.
Hier einige Fragen an die Unterstützer einer solchen Steuer:
  • Die grössten Blasen an den Finanzmärkten haben sich immer über viele Jahre aufgebaut - siehe z.B. Crashs von 1929, 2000 oder 2008. Kann eine Steuer, die sich explizit gegen "kurzfristig handelnde Spekulanten" richtet solche Blasen aufhalten und wie genau soll das funktionieren?
  • Die FTS entzieht den Märkten Liquidität. Gerade aber in Situationen grössten Stresses ("wenn es an den Börsen schlagartig abwärts geht"), ist Liquidität dringend notwendig, um die Tiefe des Sturzes abzumildern. Wie kann eine FTS in einer akuten Krise nicht noch zur weiteren Verschlimmerung der Lage beitragen?
  • Die Advokaten einer FTS sehen darin ein Mittel gegen "kurzfristige Spekulation", welche im Gegensatz zu langfristigem Investieren stehe. Wie erklären sich dann die Befürworter der FTS, dass es gerade im Immobilienmarkt immer wieder und genauso zu spekulativen Blasen kommt, obwohl dort keinesfalls Häuser im Sekundentakt gekauft und verkauft werden können? (Effektiv sind die hohen Gebühren beim Kauf/Verkauf von Immobilien für Notare und Makler sogar eine Art FTS)
  • Die Befürworter der FTS sehen insbesondere Sekundenhandel und andere schnelle, komplexe Tradingverfahren als Schuldige an spekulativen Blasen. Wie soll aber die Preisbildung an Märkten  funktionieren, wenn man die Liquidität dieser Händler einschränkt oder gar völlig unterbindet? Wer kauft Wertpapiere von oder verkauft an "langfristig orientierte Investoren"?
  • Wie soll Preisbildung an Märkten besser funktionieren, wenn man die Zahl und Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer einschränkt?
  • Die Preisbildung an Märkten widerspiegelt Informationen, die den Marktteilnehmern vorliegen. Herrschen z.B. gute klimatische Bedingungen für den Kaffeeanbau in einem Jahr, dann sinken die Marktpreise, da eine gute Ernte erwartet wird, damit mehr Angebot an Kaffee, welches das Preisniveau absenkt. Manchmal liegen den Marktteilnehmern Fehlinformationen vor oder die Informationslage ändert sich plötzlich, z.B. können sich die klimatischen Bedingungen für eine gute Kaffeeernte plötzlich verschlechtern. Dann kommt es zu Schwankungen der Marktpreise. Wie soll nun eine FTS diese Schwankungen "glätten", da ja weder die Informationen besser werden oder schneller vorliegen?
  • In der Schweiz und in UK gibt es seit langem eine Börsenumsatzsteuer, die bspw. in der Schweiz 0.15% pro Kauf/Verkauf beträgt. Beide Länder wurden in der Vergangenheit durch Börsenblasen genauso getroffen wie Länder ohne FTS .  Wie erklären sich die Befürworter der FTS diesen Fakt?

Montag, 28. November 2016

Moralischer Bankrott: Fidel und die "demokratische" Linke








So sieht es der Vorsitzende der "Linken" und mit ihm noch viele andere aus dem gleichen Lager. Fakt ist: Castro war kein menschenfreundlicher Revolutionär. Er war ein machtgieriger und brutaler Diktator.

Dabei ist es nicht nur eine Verdrehung historischer Tatsachen, die in der Romantisierung des Regimes in Kuba nur allzu offensichtlich durchscheint. Es zeigt auch die Verkommenheit der moralischen Maßstäbe: Während die Linke jeden Unternehmer als ausbeuterischen Sklaventreiber brandmarkt, der - auf freiwilliger Basis im übrigen - Arbeitnehmer zu einem Lohn unterhalb der Mindestlohngrenze beschäftigen würde (und dies wegen dieser Grenze dann nicht tut), wird ein Diktator gepriesen, der zehntausende zu Zwangsarbeit und Tod verurteilen ließ.

Während Riexinger gerade heute wieder die angebliche Ungleichheit in Deutschland anprangert, stört es ihn nicht im geringsten, dass das Castro Regime Kuba wirtschaftlich in die Katastrophe geführt hat (BSP pro Kopf bei knapp über 7000 US$). Hunderttausende sind von der Insel geflüchtet. Industrie, Dienstleistungen, Landwirtschaft liegen darnieder.

Man wartet vergebens auf den Aufschrei der Medien ob dieses moralischen Bankrott.

Sonntag, 6. November 2016

Die bizarre Logik des Georg Diez

So sieht es Herr Diez vom Spiegel:

"Die eigentliche Geschichte ist die der vergangenen 35 Jahre, weil seit der Reagan-Revolution von 1980 eine konservative Camorra systematisch daran gearbeitet hat, die Grundlagen der liberalen Demokratie zu zerstören, indem das Diktat der Wirtschaft, der Egoismus und das Recht des Stärkeren über alles gestellt wurden.

Die eigentliche Geschichte ist die der vergangenen 25 Jahre, weil seit der Präsidentschaft von Bill Clinton 1992 die Demokraten, die linken und liberalen Kräfte (wie übrigens auch New Labour in England und die SPD), sich der Globalisierung wie einem Naturgesetz ergeben haben und Schritt für Schritt einen wesentlichen Teil ihrer Wähler verraten haben: die Arbeiter und die untere Mittelschicht."

Abgesehen davon, dass in den letzten 24 Jahren  zwei Drittel der Zeit Demokraten den Präsidenten gestellt haben (8 Jahre Clinton, 8 Jahre Obama), die beide mit einer explizit sozialdemokratischen Agenda an die Macht kamen, sollte Herr Diez zur Kenntnis nehmen, dass die ganz überwiegende Anzahl der Amerikaner heute besser lebt als vor 25 oder gar vor 35 Jahren.

Vielleicht nur einen kleinen Datenpunkt, den der globalisierungskritische Intellektuelle gerne übersieht: Die Arbeitslosenquote für den Oktober 2016 ist erstmals seit langer Zeit in den USA unter die 5% gefallen. Ökonomen sprechen von annäherender Vollbeschäftigung. Sieht so der Verrat an "wesentlichen Teilen ihrer Wähler aus"?

Doch wie sieht es mit den Arbeitern und der unteren Mittelschicht aus? Vielleicht sollte sich Herr Diez einmal vor Augen führen, dass praktisch jeder Arbeiter und Angestellte in den Vereinigten Staaten heute - 2016 -  materiell besser gestellt ist als der reichste Amerikaner im Jahre 1916: John D. Rockefeller.

Und Herr Diez sollte sich darüberhinaus einmal anschauen, wie es um die Ungleichheit in den USA wirklich bestellt ist. Ganz zu schweigen von den Einkommen: Seit 1967 ist das Realeinkommen der untersten 20% der Einkommensempfänger in den USA um knapp 30% gestiegen. Und diese Berechnung lässt sogar ausser acht, dass der technische Fortschritt, die Verbesserung der Waren und Dienstleistugnen, heute jeden Dollar wesentlich mehr wert sein lassen als 1967. Man denke nur einmal an die Qualität von Elektrogeräten, Haushaltswaren, Autos, Medikamenten und vielem mehr im Jahre 1967. Will jemand heute so leben wie in 1967? Selbst mit dem gleichen realen Einkommen? Niemals.

Die Globalisierung hat weltweit Milliarden von Menschen aus der totalen Armut befreit. Aber sie hat darüber hinaus auch den Wohlstand in den entwickelten Ländern enorm gesteigert. Die meisten Dinge unseres täglichen Lebens, die zu Sicherheit, Annehmlichkeit, Gesundheit und Unterhaltung in unserem Leben beitragen, sind ohne Globalisierung undenkbar: Mobiltelefonie, Notebooks, Unterhaltungselektronik jeder Art, Wäschetrockner der neuesten Generation mit minimalem Energieverbrauch, billige Solarzellen auf unseren Dächern, E-Cars oder hochentwickelte Krebsmedikamente, die die Lebenserwartung immer weiter erhöhen, sind ohne Globalisierung unvorstellbar.

Das Ärgerliche ist nicht, dass sich Diez und der Spiegel irren. Das Ärgerliche ist, dass genau diese Art von haltloser "Globalisierungskritik" und Ungleichheitsgeschwafel dazu führen, dass grosse Teile der Bevölkerung die Grundlagen des eigenen Wohlstandes nicht mehr verstehen. Journalisten sollten aufklären und nicht billige Propaganda verbreiten.




Mittwoch, 2. November 2016

Diskriminierung mit Airbnb - oder was passiert, wenn Donald Trump vor meiner Türe steht

Eine Mail an Airbnb bezüglich Ihres "Community-Bekenntnis":

Sehr geehrte Damen und Herren,

Herzlichen Dank für die Übersendung Ihrer Mail bezüglich des "Community-Bekenntnis" von Airbnb. Dieses habe ich mit grosser Freude gelesen, da ich Bekenntnisse allgemein sehr gut finde. Heutzutage ist es ja sehr wichtig, sich möglichst viel und öffentlich zu "Werten" zu bekennen.


So sehr ich es schätze, wie Sie schreiben, "jeden – unabhängig von Rasse, Religion, Herkunft, Volkszugehörigkeit, einer Behinderung, Geschlecht, Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung oder Alter – respektvoll, vorurteilsfrei und unvoreingenommen zu behandeln", komme ich nicht umhin, bei Ihnen wegen möglicher Ausnahmen nachzufragen.

Nehmen wir einmal folgenden Fall an: Ein weisser, älterer (>40 Jahre), heterosexueller Mann, der sich offen zu Donald Trump bekennt und eine Einkaufstüte mit Steaks der örtlichen Fleischerei bei sich führt, klopfte an meine Türe. Was wäre zu tun? In Anbetracht der schon Jahrhunderte, ja gar Jahrtausende anhaltenden gewalttätigen, strukturellen Diskriminierung, die von dieser Personengruppe ausgeht, wäre ich geneigt meinen Hausschlüssel zu verweigern. Wie stehen Sie zu diesem Fall? Wäre hier eine Ausnahme von Ihren AGB möglich? Denn Diskriminierung wäre hier ja - ganz in Ihrem Sinne - Anti-Diskriminierung, also im übergeordneten moralisch-ethischen Sinne durchaus mit Ihren AGB wiederum vereinbar. Ich hoffe, dass Sie meine Einschätzung teilen und ich bitte um eine Einschätzung Ihres Inklusionsbeauftragten.

MIt freundlichen Grüssen,

SB