Sonntag, 6. November 2016

Die bizarre Logik des Georg Diez

So sieht es Herr Diez vom Spiegel:

"Die eigentliche Geschichte ist die der vergangenen 35 Jahre, weil seit der Reagan-Revolution von 1980 eine konservative Camorra systematisch daran gearbeitet hat, die Grundlagen der liberalen Demokratie zu zerstören, indem das Diktat der Wirtschaft, der Egoismus und das Recht des Stärkeren über alles gestellt wurden.

Die eigentliche Geschichte ist die der vergangenen 25 Jahre, weil seit der Präsidentschaft von Bill Clinton 1992 die Demokraten, die linken und liberalen Kräfte (wie übrigens auch New Labour in England und die SPD), sich der Globalisierung wie einem Naturgesetz ergeben haben und Schritt für Schritt einen wesentlichen Teil ihrer Wähler verraten haben: die Arbeiter und die untere Mittelschicht."

Abgesehen davon, dass in den letzten 24 Jahren  zwei Drittel der Zeit Demokraten den Präsidenten gestellt haben (8 Jahre Clinton, 8 Jahre Obama), die beide mit einer explizit sozialdemokratischen Agenda an die Macht kamen, sollte Herr Diez zur Kenntnis nehmen, dass die ganz überwiegende Anzahl der Amerikaner heute besser lebt als vor 25 oder gar vor 35 Jahren.

Vielleicht nur einen kleinen Datenpunkt, den der globalisierungskritische Intellektuelle gerne übersieht: Die Arbeitslosenquote für den Oktober 2016 ist erstmals seit langer Zeit in den USA unter die 5% gefallen. Ökonomen sprechen von annäherender Vollbeschäftigung. Sieht so der Verrat an "wesentlichen Teilen ihrer Wähler aus"?

Doch wie sieht es mit den Arbeitern und der unteren Mittelschicht aus? Vielleicht sollte sich Herr Diez einmal vor Augen führen, dass praktisch jeder Arbeiter und Angestellte in den Vereinigten Staaten heute - 2016 -  materiell besser gestellt ist als der reichste Amerikaner im Jahre 1916: John D. Rockefeller.

Und Herr Diez sollte sich darüberhinaus einmal anschauen, wie es um die Ungleichheit in den USA wirklich bestellt ist. Ganz zu schweigen von den Einkommen: Seit 1967 ist das Realeinkommen der untersten 20% der Einkommensempfänger in den USA um knapp 30% gestiegen. Und diese Berechnung lässt sogar ausser acht, dass der technische Fortschritt, die Verbesserung der Waren und Dienstleistugnen, heute jeden Dollar wesentlich mehr wert sein lassen als 1967. Man denke nur einmal an die Qualität von Elektrogeräten, Haushaltswaren, Autos, Medikamenten und vielem mehr im Jahre 1967. Will jemand heute so leben wie in 1967? Selbst mit dem gleichen realen Einkommen? Niemals.

Die Globalisierung hat weltweit Milliarden von Menschen aus der totalen Armut befreit. Aber sie hat darüber hinaus auch den Wohlstand in den entwickelten Ländern enorm gesteigert. Die meisten Dinge unseres täglichen Lebens, die zu Sicherheit, Annehmlichkeit, Gesundheit und Unterhaltung in unserem Leben beitragen, sind ohne Globalisierung undenkbar: Mobiltelefonie, Notebooks, Unterhaltungselektronik jeder Art, Wäschetrockner der neuesten Generation mit minimalem Energieverbrauch, billige Solarzellen auf unseren Dächern, E-Cars oder hochentwickelte Krebsmedikamente, die die Lebenserwartung immer weiter erhöhen, sind ohne Globalisierung unvorstellbar.

Das Ärgerliche ist nicht, dass sich Diez und der Spiegel irren. Das Ärgerliche ist, dass genau diese Art von haltloser "Globalisierungskritik" und Ungleichheitsgeschwafel dazu führen, dass grosse Teile der Bevölkerung die Grundlagen des eigenen Wohlstandes nicht mehr verstehen. Journalisten sollten aufklären und nicht billige Propaganda verbreiten.




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